Acht-Stunden-Mythos: Was wirklich hinter gutem Schlaf steckt

Fast jeder kennt es: Nächte voller Hin- und Herwälzen, Kissen zurechtrücken, Decke sortieren – und trotzdem wacht man am Morgen wie gerädert auf. Kurzfristiger Schlafmangel ist meist harmlos, denn der Körper kann solche Phasen recht gut ausgleichen. Problematisch wird es jedoch, wenn Ein- oder Durchschlafprobleme zur Gewohnheit werden. Dann leidet nicht nur die Konzentration, sondern auch das Immunsystem und die allgemeine Gesundheit.
Schlafhygiene – hilfreich, aber nicht für alle
Beliebte Tipps wie regelmäßige Schlafzeiten, weniger Koffein und kein Handy im Bett sind für gesunde Schläfer sinnvoll. Doch für Menschen mit Insomnie können sie sogar kontraproduktiv sein. Die Schlaftherapeutin Kirsty Vant warnt: Zu starre Routinen oder erzwungenes „Schlaf nachholen“ verschlimmern die Problematik oft.
Irrtum 1: Mehr Zeit im Bett bringt mehr Schlaf
Viele versuchen, verlorene Stunden durch längeres Liegen auszugleichen. Doch je länger man wach im Bett verbringt, desto stärker verknüpft sich das Bett mit Frust statt mit Erholung. Besser: nur dann ins Bett gehen, wenn echte Müdigkeit vorhanden ist, und morgens immer zur gleichen Zeit aufstehen.
Irrtum 2: Handy-Verbot als Allheilmittel
Das blaue Licht von Bildschirmen hemmt zwar die Melatonin-Produktion, doch ein komplettes Verbot ist nicht immer zielführend. Vant empfiehlt, digitale Geräte bewusst einzusetzen – mit Nachtmodus, beruhigenden Inhalten und klaren Grenzen. Podcasts oder ruhige Sendungen können helfen, Grübelspiralen zu unterbrechen.
Irrtum 3: Koffein ist grundsätzlich schädlich
Kaffee wirkt nicht bei jedem gleich. Manche Menschen vertragen auch nachmittags noch eine Tasse, andere reagieren sehr sensibel. Entscheidend ist die individuelle Reaktion und genetische Veranlagung. Ein kompletter Verzicht ist nicht immer nötig – wohl aber ein bewusster Umgang.
Irrtum 4: Der perfekte Schlaf existiert nicht
Die Suche nach absoluter Schlafoptimierung kann ins Gegenteil kippen. Wer sich zu stark auf Schlaftracker, Apps oder „Wunderprodukte“ verlässt, läuft Gefahr, Orthosomnie zu entwickeln – eine Art Schlafangst. Hier gilt: Gelassenheit ist oft der bessere Weg.
Irrtum 5: Acht Stunden sind Pflicht
Die wohl bekannteste Regel ist längst widerlegt. Schlaf ist individuell und hängt von Alter, Gesundheit und Lebenssituation ab. Entscheidend ist nicht die exakte Dauer, sondern ein stabiler Rhythmus.
Fazit: Gelassen bleiben und gezielt handeln
Schlafprobleme sind keine Willensschwäche, sondern können eine ernsthafte Störung darstellen. Am wirksamsten ist die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie (CBT-I), die Betroffenen hilft, ihre Beziehung zum Schlaf zu verändern und negative Muster zu durchbrechen. Medikamente sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Wichtig bleibt: Druck herausnehmen und dem Körper die Chance geben, seinen eigenen Rhythmus wiederzufinden.